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“Die Größe fordert mich heraus”
Sie hat in Kassel mehrfach auf der Documenta ausgestellt, in Amsterdam und New York hat sie Flughafenterminals illuminiert, ihre Ausstellungen gehen rund um die Welt. Die Videokünstlerin Marie-Jo Lafontaine gestaltet den zweiten künstlerischen Teil der SkyArena-Show.
hr-online: Riesige Leinwände auf elf Hochhäusern sind eine ungewöhnliche Arbeitsfläche, die man sich erst aneignen muss. Was waren Ihre ersten Schritte für das Projekt?
Lafontaine:Für jedes Projekt ist das Aneignen der Situation, des Kontextes, in dem es präsentiert wird, notwendig. Um eine Idee für Frankfurt am Main entwickeln zu können, wollte ich die Stadt erfahren, ihre Architektur, ihre Struktur, ihre Ordnung wie Unordnung begreifen. Diese Erfahrungen bringe ich dann in einen inneren Dialog mit mir und rein formal erarbeite ich eine Simulation am Computer, an der ich die Möglichkeit habe, Ideen zu testen.
hr-online: Was reizt Sie an der Inszenierung der „Skyarena“?
Lafontaine: Mich forderte die Größe heraus, die Größe der Projektionsflächen, die Größe der Hochhäuser, auch die Dimension, die sich für den Betrachter ergibt, wenn er am Mainufer die Projektion betrachtet. An dieses Mächtige musste ich mich erst annähern, gleichzeitig war ich fasziniert von der Frage, wie ich diese Stadt packen kann, wie sie durchdringen.
hr-online: Bis jetzt haben Sie nur den Titel der Show verraten, über den Inhalt nichts. Vielleicht verraten Sie etwas über das Konzept? Worum geht es bei dem Kunstwerk?
Lafontaine: Der Titel meiner Arbeit, I love the world, beantwortet Ihre Frage bereits. Es ist meine Sicht auf die Welt, in der wir heute leben, meine Sicht auf eine urbane Gesellschaft und meine Faszination über die unglaubliche Fülle von Gegebenheiten, der wir täglich begegnen, und die Diskrepanz zwischen dem Schönen und dem Grausamen, mit der uns diese Welt konfrontiert.
Meine Arbeit ist wie ein Triptychon aufgebaut. Der erste Teil beschreibt einen Spannungsbogen zwischen den Gestaltungselementen unserer modernen Gesellschaft: die politischen Mächte weltweit, die Macht der Medien als Meinungsmacher wie Meinungsführer, die Macht der Ökonomie, des Geldes, die Macht von Technik und Fortschritt – und der Lüge! Das Verhalten des informierten Großstädters in diesem Kosmos, das kritisch-kühle Analysieren empfinde ich jedoch als die verzweifelte Suche nach eigener Identität. Heranwachsende sind das Leitmotiv des zweiten Teils, und diese Heranwachsenden treten uns mit Fragen, Skepsis, Ablehnung, Überlegenheit, Selbstbewusstsein, Wünsche gegenüber.
Wie eine Klammer für die gesamte Bildabfolge tauchen dann im dritten Teil Kinderporträts auf, die ich auch zu Beginn zeige. In ihrer Monumentalität als Projektion auf den Hochhausflächen haben sie etwas Verstörendes. Sie fordern vom Betrachter nicht nur Aufmerksamkeit, sondern auch eine Haltung zu einer lebenswerten Zukunft.
hr-online: Wie konzipieren Sie so ein großes Projekt? An Modellen oder vor allem vor Ort?
Lafontaine: Wichtig ist das Begehen eines Ortes, für den das Werk gedacht ist, danach kann ich an einer Computersimulation arbeiten.
hr-online: Bei den Ortsterminen – was wird da besprochen?
Lafontaine:Hauptsächlich wird über die Logistik und technische Umsetzung gesprochen.
hr-online: Wie haben Sie mit dem Komponisten der Musik zusammengearbeitet?
Lafontaine:Michael Fahres ist ein Komponist, mit dem ich schon öfter zusammengearbeitet habe. Er kennt meine eigene musikalische Welt sehr gut. Die gemeinsame Arbeit beginnt immer mit dem Betrachten meiner Bilder und der Erläuterung meiner Gedanken dazu. Dann gilt es, manchmal in mühsamen kleinen Schritten, eine gemeinsame Plattform zu erarbeiten, die es ihm wiederum ermöglicht, meine Vorstellungen in eine Komposition umzusetzen. Eine solche Zusammenarbeit kann nur erfolgreich sein, wenn sich der Komponist zurücknimmt, denn es geht um ein Bild-Ton-Gesamtwerk, das meinen Namen trägt.
hr-online: Mit welchem Material arbeiten Sie? Bilder, Filmclips, Animationen?
Lafontaine: Mit eigenen Fotografien. Für einige wenige Bilder habe ich auch auf eine Datenbank zurückgegriffen.
hr-online: Wer hat das Material zusammengestellt bzw. was war für Sie bei der Arbeit mit dem Material wichtig?
Lafontaine:Ich habe ein Szenario formulieren wollen, das eine moderne Stadt und das Leben darin spiegelt.
hr-online: Eine Show auf Hochhäusern hat riesige Dimensionen – heißt das automatisch es gibt auch ein „monumentales Kunstwerk“ zu sehen?
Diese Beurteilung überlasse ich anderen.
hr-online:Was bedeutet Fußball für Sie?
Lafontaine: Als Fußball-Fan würde ich mich nicht bezeichnen. Durch die Arbeit an dieser Projektion habe ich mich allerdings näher mit dem Thema auseinandergesetzt. Dabei stieß ich immer wieder auf Dokumentarfilme, die im Aufbau und im Schnitt einen großen Reiz ausübten. Ich kann mir vorstellen, auch mal einen Fußballfilm zu machen.
hr-online:Die Show hat zwei Teile. Einen expliziten „Fußball-Teil“ und einen zweiten. Wird es immer ein Gesamtkunstwerk aus Musik und Bildern sein?
Lafontaine: Wie Sie sagen, die Show besteht aus zwei Teilen und diese beiden Teile sind autark. “I love the world”, also die Arbeit, die ich an Pfingsten präsentiere, ist wegen der Komposition aus Bild, Text und Ton als Gesamtkunstwerk zu betrachten.
hr-online: Sie kennen die Show und können daher einen Tipp geben: Wo steht man am besten, um das Kunstwerk zu genießen? Am Mainufer oder näher z.B. in der Innenstadt?
Lafontaine: Ich denke, am Mainufer.
Das Interview führt Anne Beckmann